Die zwei Herzen von Kunst und Liturgie
Domorganist Hans Leitner zum Werk von Max Eham
Max Ehams Musikstil wurzelt überwiegend in zwei Linien: der streng-apollinischen seines Freisinger Lehrers, des Musiktheoretikers Michael Dachs (1846-1941), und der gemäßigt-dionysischen eines Joseph Haas (1879-1960), jenes „Goldschmieds der Tonkunst“, der ihn in München unterrichtete. Nach eigenem Bekenntnis beruhte seine musikalische Heimat in der Nähe der süddeutschen Trias Michael Haydn, Caspar Ett und Joseph Rheinberger.
Eham verkörperte den letzten Münchner „Priester-Domkapellmeister“. Bei ihm dominierte nicht das stimmbildnerisch-chorpädagogische und organisatorische Element, sondern vielmehr das Kapell-meisterliche des Arrangeurs und Komponisten. Darin überbot er zweifellos seine Amtsvorgänger. Einen kompositorischen Kulminationspunkt stellt wohl sein relatives Frühwerk, die mit 34 Jahren anno 1949 geschriebene österliche Festmesse „Haec Dies“ dar. Die Uraufführung dieses Opus maximum veranlasste die damalige Freisinger Rezension zur Formulierung „Zwei Herzen schlagen, ach, in Ehams Brust“. Diese zwei Herzen – die Ausdruckskraft der Kunst und ihre Einbindung in den geistlichen Raum der Liturgie – inspirierten wohl all die nachfolgenden Jahre und Jahrzehnte tatsächlich das Schaffen des Komponisten, wiewohl sich als das dominierende jenes einer liturgisch dienenden Einsatzfreudigkeit erwies. Die in dieser symphonischen Messe erreichte Tonsprache mit all ihrer erweiterten Harmonik, kontrapunktischen Dichte und angewandten Chromatik wich später zusehends einer moderateren, diatonisch geprägten Ausdruckshaltung.
Über Jahrzehnte war die Ehamsche Kirchenmusik, sei es die in Verlagen gedruckte oder jene auf dem pfarrinternen xerokopierten „Schwarzmarkt“ verbreitete, maßgebend für nachkonziliare Feiergestaltung. Max Eham bediente kompositorisch von den kleinsten Verhältnissen des Dorfkirchenchores oder Nonnenkonvents alle Bereiche über die endlosen Bedürfnisse der Domkirche mit ihren Pontifikalien bis hin zum Katholikentag oder Papstbesuch.
Nur selten begab er sich in profane Bereiche, wie jene der Kammermusik oder des Volksliedes. In die Nähe des Oratorischen oder Kantatenhaften rücken seine farbig orchestrierte Vertonung des „Schmerzhaften Rosenkranzes“ oder die fünf Gesänge zu Ludwig Thomas „Die Heilige Nacht“.
Gekürzte Fassung des Beitrages von Hans Leitner: Die zwei Herzen von Kunst und Liturgie. Zum Tod des Komponisten Max Eham (2008), in: Markus Eham – Florian Mayr (Hg.), Ein Leben für die Kirchenmusik. Erinnerungen an und von Max Eham (1915-2008). Domkapellmeister in Freising und München, München 2015, S. 32-33.
Der Autor Msgr. Hans Leitner, von 1992 bis 2003 Domorganist am Hohen Dom St. Stephan zu Passau, ist seit 2003 Domorganist am Münchner Liebfrauendom.